Blog 27.03.2015

Väter und Schule

Seit 18 Jahren führe ich Krisengespräche und Schulberatungen im Lernwerk durch, bisher  etwa 7000 an der Zahl. Gerade eben komme ich von solch einem Gespräch! Die Schule – selbst wenn es ganz dicke kommt – ist fast ausschließlich Mütterdomäne. Dieser Junge von heute, nennen wir ihn Alex, war sehr nett und erklärte mir zutraulich und redegewandt, wie er seit Jahren unter dem großen Druck seiner Schule leidet. Seine Noten waren im Keller, er selbst erschöpft.

Alex und ich verstanden uns sehr gut, wir waren seinen eigentlichen und tieferen Problemen sehr nahe gekommen und Lösungsideen formierten sich, da unterbrach ich das Gespräch, denn die Mutter schrieb jedes meiner Worte mit. Auf meine Nachfrage sagte sie mir: „Ich mache das, damit ich später so gut wie Sie meinem Mann erklären kann, warum Alex nicht mehr auf dem Gymnasium bleiben kann.“ Wir legten alle eine „Schweigeminute“ ein. „Wo ist ihr Mann jetzt, wenn es ihn interessiert, was ich zu sagen habe?“ Sicherlich keine nette Frage von mir, denn die Mutter war reizend und so bemüht. Auch Alex lehnte sich zurück und verfolgte uns gespannt. „Sein Vater kümmert sich nicht um die Schule, aber er wird sein Veto einlegen, wenn Alex vom altsprachlichen Gymnasium abgehen will.“

Alex‘ Vater ist leider kein Einzelfall, sondern seine Einstellung teilen viele Väter. Schulerfolg – unbedingt! Begleitung und echtes inhaltliches Interesse – nein! Dies ist gerade für Jungen, die zu straucheln beginnen, ein Riesenproblem. Wie genüge ich meinem Vater, wie erringe ich sein Verständnis und seine Anerkennung? Dies ist ein Schlüsselmotiv in der Schulbiografie eines Jungen. Gelingt all dies nicht, hilft das eifrigste Bemühen einer Mutter nichts!

Liebe Väter, wenn Sie Ihre Söhne (und Ihre Töchter) zu starken, glücklichen und erfolgreichen Erwachsenen machen möchten, sollte Ihre innere Haltung sein: Mein Kind ist wichtiger als die Schule. Sprechen Sie mit Ihren Kindern, hören Sie lange zu! Sprecht nicht darüber, wie man schnell Erfolge generieren kann, sondern über Ängste, Sorgen und Nöte. Geschieht dies ernsthaft und mit Geduld, lösen sich viele Schulblockaden wie durch ein Wunder.

Und Alex? Er hat so keine Chancen. Ich machte deshalb den Vorschlag, ein Gespräch zu dritt zu führen. Seine Mutter fragte: „Können Sie das meinem Mann sagen, Frau Goldbach?“