Blog 11.07.2017

Schönschreibkurse: Schreibprofi Holger im Interview

Schreibprofi Holger beim Schönschreibkurs

Holger, du gibst seit einigen Jahren bei uns im Lernwerk die Schönschreibkurse. Was ist das Besondere, warum kannst du sie empfehlen?

Was mir gefällt, ist das konzentrierte Arbeiten in entspannter Atmosphäre. In dem Kurs bilden wir eine kreative Schönschreibgemeinschaft, die sich dem Ziel verschreibt, jeden Einzelnen, was die Handschrift angeht, weit nach vorn zu bringen.

Warum überhaupt Schönschreiben?

Damit einem die eigene Schrift gefällt. Manche meiden ja deshalb das Schreiben, weil sie ihre eigene Schrift hässlich oder abstoßend finden. Oder sie ist so unleserlich, dass die Lehrer sie nicht lesen können – die Schüler übrigens auch nicht. Dann bekommt man in der Schule Probleme, das muss nicht sein.

Wie kann man denn seine Schrift verändern, wie gehst du vor?

Schrittweise. Jeder schreibt erstmal, wie er gewöhnlich schreibt, damit wir wissen, was individuell zu tun ist. Nachdem die Schriftanalyse durch ist, knöpfen wir uns jene Buchstaben vor, die noch nicht so gelungen sind. Bei manchen sind die Kreise beim a oder o nicht Kreise, sondern Dreiecke, andere ärgert ihr kleines r. Doch es geht nicht nur um Buchstaben, sondern um den gesamten Schreibprozess: um die Wahl des passenden Schreibgeräts, die Stifthaltung, den Druck der Hand auf Stift und Papier, die Größe und Neigung der Schrift, die Form und der Abstand der Buchstaben, Ober- und Unterlängen, die Ausführung der einzelnen Drehbewegungen beim Schreiben, nicht zuletzt um die eigene Einstellung gegenüber dem Schreiben. Einstellung heißt ja, dass ich mich einstellen kann.

Klingt kompliziert.

Ist es nicht, wir probieren nur eine Menge aus, damit das Schreiben leichter fällt und die Schrift schöner wird. Die Schüler staunen dann, was alles möglich ist.

Heißt das, dass jeder eine schönere Handschrift haben kann?

Ja, das heißt es. Ich selbst war anfangs skeptisch, habe dann aber gesehen, was möglich ist, wenn man aus seinem Schreibtrott ausbricht und der ganzen Sache mal etwas mehr Beachtung und Liebe schenkt. Die meisten Nicht-so-schön-Schreiber sind ja frustriert, weil sie dauernd getadelt werden. Aber niemand zeigt ihnen, wie man es macht. Das würde mich auch frustrieren.

Wie gelingt es dir, trotz der Gruppensituation auf jeden einzelnen einzugehen? Funktioniert das überhaupt?

Wir halten die Gruppengröße überschaubar, damit ich mich um jeden einzelnen kümmern kann. Wir erarbeiten dann gemeinsam die verschiedenen Buchstabengruppen, basteln an Wörtern herum, die das enthalten, was wir suchen und verbessern wollen. Das ist ein kreativer Prozess. Am Ende steht ein kleiner Text in neuer Schrift. Der Kurs ist systematisch aufgebaut, wer eine Übung beherrscht und mit sich zufrieden ist, geht schon mal weiter. Wer länger braucht, bekommt mehr Zeit, gar kein Problem. Es geht ja um den individuellen Lernfortschritt, nicht um Gleichmacherei. – Zur Beruhigung auch dies noch: Jeder behält natürlich seine eigene Handschrift, etwas anderes ist auch gar nicht möglich. Aber eben eine sehr viel schönere eigene Handschrift.

Ab welchem Alter ist der Besuch eines Schönschreibkurses möglich?

Ab der 5. Klasse, denke ich, aber manche Viertklässler waren auch schon dabei und hatten ihre Erfolge. Wenn die Schüler zu jung sind, fällt es ihnen sonst noch zu schwer, eineinhalb Stunden zu schreiben oder aufmerksam zu sein.

Müssen die Schüler anfangs ein wenig motiviert werden? Oder kommen sie freiwillig und sind bereits wild entschlossen, ihre Schrift jetzt endgültig zu verbessern?

Beides gibt es. Manche fühlen sich geschickt, dann sitzen sie da – was nun? Andere wollen es wirklich wissen, die haben keine Lust mehr, dauernd angemeiert zu werden. „Schreib ordentlicher!“ „Du musst an deiner Schrift arbeiten!“ „Unleserlich!“

Wie motivierst du die, die geschickt wurden?

Die Motivation kommt über die Gruppe und das gemeinschaftliche Tun. Wir tun etwas, wir quatschen nicht rum. Schreiben macht Spaß, wir lachen viel. Was ich ihnen bieten kann, ist meine Begeisterung für Schrift und schönes Schreiben, das wirkt ansteckend. Kaum sehen die Schüler, dass sie tatsächlich anders schreiben können als bisher, sind sie voll dabei. Erfolg macht Lust auf mehr Erfolg, das Schöne gefällt. Menschen wollen stolz sein auf sich und brauchen Anerkennung. Die bekommen sie – durch andere, aber auch durch sich selbst. Ist doch eine erstaunliche Entdeckung, dass man etwas kann!

Was sind die Bonbons deines Kurses?

Eine Fahrt auf der kurvenreichen Formel-1-Strecke mit Tafelkreide, wer als erster heil ins Ziel kommt, gewinnt.