Blog 12.02.2016

Mathematik und Mädchen – meine Einschätzung zur Pisa-Analyse

Ich lese den Spiegelbericht über die Pisa-Ergebnisse zum Thema Mathematik und gebe es offen zu: Ich war lange ein Low-Performer, ich bin ja auch ein Mädchen…

Ich weiß noch, wie ich in der ersten Klasse saß und überlegt habe, woher bloß meine Freundin Dörthe die Antwort wissen konnte. Ich habe die Angst vor Mathematik gelernt, als wir in der Klasse im Stehen Kopfrechenaufgaben lösen mussten. Wenn man die richtige Lösung hatte, durfte man sich wieder hinsetzen. Als Zahlen in der Mathematik keine große Rolle mehr spielten, wurde es besser. Und in der 13. Klasse kam dann Herr Blume! Er brachte mir vor allem eins bei: dass ich DOCH Mathematik kann.

Ob man ein Low-Performer wird, hängt zu Beginn der Schule von der Zahlenvorstellung eines Kindes ab - ob man einer bleibt, von den Lehrern die man trifft. Was als wichtige Möglichkeit fehlt, Schüler vor dem Matheversagen zu bewahren, ist eine andere Art der Stoffvermittlung sowie die Frage, warum derart viel Mathematik so entscheidend für unsere Abschlüsse sein muss.

Im Fach Mathematik geht eigentlich sofort nach der Einschulung die Schere innerhalb einer Klasse auf. Einige Kinder haben ein Naturtalent und rechnen mühelos, ohne es gelernt zu haben, andere plagen sich damit, die Zahl fünf in Form und Bedeutung zu erfassen. Da helfen auch kein Fleiß, häusliche Übungsaufgaben und viele Ausfüllbögen. Versteht man Mathematik nicht, so müssen ausgeklügelte Techniken her, um eine Zahlenvorstellung herbeizuführen. Allein die Analyse, warum ein Kind einen Rechenweg nicht versteht, an welcher Stelle es falsch abbiegt, ist so aufwändig, dass sie in einer Klasse kaum zu leisten ist. Weil es in Mathematik nur richtig oder falsch gibt und kann ich oder kann ich nicht, entwickeln sich in diesem Fach besonders starke Ängste. Diese werden natürlich nicht durch Wiederholen einer Klasse aufgehoben - im Gegenteil! Auch bringt halt Üben und Wiederholen nichts, da man Mathe verstehen muss. Um bei älteren Schülern, die in Mathematik echte Probleme haben, etwas zu erreichen, muss man im Urschleim des Mathematischen anfangen! Daher wäre ein weiterer guter Schritt, zusätzlich zu den in der Pisa-Auswertung gestellten Forderungen: andere Techniken der Stoffvermittlung, andere Bewertung der Mathematikleistung, zum Beispiel den Fortschritt eines Kindes und mehr Möglichkeiten einen Schulabschluss zu erlangen durch weniger hohe Mathematik (Wahlmöglichkeit). Denn uns sollte klar sein, dass jeder Schüler, der seinen Schulabschluss nicht schafft, weil er Mathematik nicht kann, in Wirklichkeit einen Beruf erlernen könnte!

Danke nochmal, Herr Blume! Ohne Sie wäre das mit meinem Abitur nichts geworden…